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Der Osterstreiter
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Dragoner verwehrten mit Gewalt den Kirchenbesuch

 Mehr als zweihundert Jahre lang sorgte die Reformation im ganzen Heiligen Römischen Reich für politischen Zündstoff. Auch in Hohenlohe brachen offene Konflikte aus.

Einer dieser Konflikte war der Sindringer Osterstreit des Jahres 1744, auch Kalenderstreit genannt, den die Beteiligten teils mit Worten vor dem Gerichten, aber auch mit Dragonern vor der Sindringer Kirche austrugen. Im Verlauf des Streits wurde den evangelischen Bürgern des Kocherstädtchens von ihrem Landesherrn, dem katholischen Grafen zu Hohenlohe-Bartenstein, unter anderem das Feiern der Ostermesse verboten, der lutherische Pfarrer Yelin abgesetzt.

 Bürgermeister Edelmann wurde misshandelt und fast ein Jahr lang in Haft genommen, Bürger eingesperrt, ausgeraubt oder mit Geldstrafen belegt. Die Ursachen des Kalenderstreits reichten zwei Jahrhunderte zurück: In den Jahrzehnten nach Luthers Thesenanschlag 1517 verbreitete sich die Reformation auch in ganz Hohenlohe, zunächst gegen den Willen, ab 1546 jedoch mit Billigung der Hohenloher Grafen.

 Als jedoch 1667 die Hohenloher Linien Waldenburg-Bartenstein und Schillingsfürst zum katholischen Glauben übertraten, verwehrte ihnen der Westfälische Friede von 1648, ihren Untertanen den eigenen Glauben aufzuzwingen. So regierten katholische Landesherren fortan über evangelisch gebliebene Untertanen.

 Eine brisante Konstellation, mit der ab 1728 auch die Sindringer leben mussten, als ihr Amt - nach Aussterben der evangelischen Pfedelbacher Linie - an das katholische Bartenstein fiel. Dessen Beamte machten den Sindringern das religiöse Leben schwer, befahlen etwa an katholischen Feiertagen die Arbeitseinstellung. Zu Ostern 1744 gipfelten die Streitigkeiten im Kalenderstreit: Die deutschen Protestanten hatten den nach Papst Gregor benannten gregorianischen Kalender zuerst gar nicht, ab 1700 nur in einer leicht veränderten Form angenommen.

 Einziger Unterschied : Ostern fiel zwei Mal pro Jahrhundert auf unterschiedliche Tage. 1744 war das auch der Fall. Die Bartensteiner Herren befahlen forsch die Osterfeier per Dekret auf den " katholischen" 5. April und hinderten die Sindringer mit Dragonern vor der Kirche an der Feier des Osterfest am "evangelischen" 29. März. Am Karfreitag war die Kirche abgeriegelt, am Ostersonntag durfte nur gewöhnlicher Gottesdienst gehalten werden.

 Pfarrer Yelin richtete Bittschriften an den Kaiser, der das Vorgehen der Bartensteiner zwar missbilligte, jedoch nicht verhindern konnte. Ein jahrelanger Streit mit zahlreichen Prozessen bis vor dem Reichsgericht und ein weiteres kaiserliches Dekret folgten.

 Erst als 1750 auf Bitten des Reichsrats die Ansbacher Marktgrafen militärisch gegen Bartenstein und Waldenburg vorgingen, um das kaiserliche Mandat durchzusetzen, fand der Konflikt seinen Abschluss: Der 1744 geschasste Pfarrer Yelin kehrte in Amt und Würden nach Sindringen zurück. Das Klima zwischen den Konfessionen blieb aber bis weit in die württembergische Zeit hinein vergiftet.